Estische Eisfüchse, Dänische Deppendorfe, Funkenzauber, die ganze große Bühne und vieles mehr könnt ihr im neusten Blog bestaunen!
Ich erinnere mich noch gut an jenen Samstag im Juni des Jahres 1956. In der Großen Halle herrschte ein nie dagewesenes Gedränge. Hexen, Zauberer und viele, viele andere Wesen und Kreaturen aus allen Ecken Europas hatten sich hier versammelt und der Strom der Neuankömmlinge, welche durch das große Portal hereinkamen, riss nicht ab. Ich stand mit Minerva am oberen Ende der Marmortreppe, und wir sahen Alabasterhunde aus Finnland, Sabberhexen aus Südeuropa, Feuer speiende Puten aus Russland, einen furchtbar schrill singenden Chor älterer Hexen aus Österreich und vieles mehr. Ein wahrhaft faszinierender Anblick. Ihr fragt euch, wovon ich hier berichte? Nun, in diesem Jahr fand ein wahrhaft außergewöhnliches Ereignis statt, dessen Gastgeber Hogwarts war: Der Magicvision Spell Contest. Dabei tritt stellvertretend für jedes europäische Land eine oder mehrere Personen auf, die einen ganz besonderen, magischen Trick vorführen ... die beste Darbietung gewinnt und das entsprechende Land ist Gastgeber des nächsten Spell Contest, welcher fünfundzwanzig Jahre später stattfindet.
Somit überrascht es euch sicher nicht, wenn ich nun sage, dass beim vorherigen Contest Schottland gesiegt hatte – und zwar dank der ganz und gar außergewöhnlichen Hexe Patricia Particular, die einen Zauber zur Herstellung von Schokolade vorführte. Der Magicvision Spell Contest war und ist von jeher ein großes, fröhliches Fest; so auch damals. In Hogwarts tanzte, sang und lachte fast alles, was zwei (oder auch mehr) Beine hatte. In der Großen Halle hatten wir die Bühne aufgebaut, in den Kerkern die Garderobe und die Klassenzimmer wurden mit reichlich Übernachtungsmöglichkeiten ausgestattet. Der einzig nennenswerte Widerstand zum Spell Contest kam von Apollyon Pringle, unserem damaliger Hausmeister. Und ich glaube, Minerva war auch nicht ganz so begeistert …
… „Nicht ganz so begeistert“?! Ich glaube Sie haben den Verstand verloren! So ein … ein … DRAMA ist mir in meinen ganzen Jahren als Lehrerin noch nicht untergekommen. Ein Wunder, dass die verrückten Taubenanimagi nicht den ganzen Saal in einem widerlichen – oh nein, Augenblick, das haben sie, Albus! Und dass bei dem Gestank der ganzen Halbtrolle niemand erstickt ist, liegt wohl nur daran, dass es von der Decke geschneit hat. Ohja, es hat geregnet, Tausende und immer mehr Tausende von winzig kleinen Flocken, und am Ende glich der Fußboden dem Mädchenklo, nachdem Myrte es unter Wasser gesetzt hat. Ich glaube kaum, dass Sie so begeistert gewesen wären, wenn Sie hätten beaufsichtigen müssen, wie unser guter Pringle mit Sauberwisch und Putzeimer schimpfend die ganze Halle reinigte. Denn wozu hat man denn einen Hausmeister, es wäre schließlich viel zu einfach, das von Zauberhand zu erledigen. Ich verstehe einfach nicht, warum Sie bloß Squibs dafür einstellen. Oder doch, vielleicht. Möglicherweise haben Sie einfach Ihren Spaß daran, andere Leute arbeiten zu sehen. Ist es nicht so? Und ich sehe absolut nicht ein, wie Sie dieses Gedränge und diese zuchtlose Eventerie auch noch fördern können, Dumbledore!
Aber, aber, Minerva. Gegen die Trolle half ein einfacher Anti-Geruchs-Zauber und gegen den Regen eine Regenjacke, und schon konnte man die Festlichkeiten wieder genießen! Mein Lieblingsauftritt an jenem Abend waren übrigens die Dänischen Deppendorsche, erinnern Sie sich? Fliegende Fische, die Wasser in Feuer verwandeln konnten! Bei dem Auftritt wurde einem garantiert nicht kalt …
Kalt nicht, nein. Dafür drängelten sich genug Kreaturen, von denen ich verdrängt hatte, dass es sie gibt, auf engstem Raum aneinander. Sicher erinnere ich mich an die Dänischen Deppendorsche. Aber sie hätten doch nie im Leben den Kroatischen Kammerdienern überlegen sein dürfen. Wenn mich etwas an diesem Abend fasziniert hat, dann diese kleinen Wichtel, die sangen wie Kreissägen. Selbst die Geister sind aus der Halle geflüchtet. Vielleicht hätte ich das auch tun sollen … Nun sehen Sie mich nicht so an! Diese... „Events“ sind doch nichts für mich. Und Sie sind eigentlich auch zu alt für so etwas. Obwohl ich wohl einräumen muss, dass die Estischen Eisfüchse ihre Sache durchaus ziemlich gut gemacht haben. Eine Kleinigkeit, wenn man vom Grad der Verwandlungskunst ausgeht, aber dennoch, hübsch anzusehen, diese Funkengebilde. Ein wenig erinnerte es mich an die nordischen Lichter, die die Decke der Großen Halle im vorangegangenen Winter angenommen hatte. Ich sage Ihnen, DAS war ein Anblick! Und womöglich um Längen besser als die Spielereien, die während des Spell Contests zusammenkamen, was unser guter Benjamin Sinclair da angestellt hatte. Der Junge hätte es weit bringen können, wenn er nicht deswegen von der Schule geworfen worden wäre, weil niemand die Decke in Ordnung bringen konnte und es monatelang schneite. Und so etwas von einem Drittklässler. Ein Jammer, ich hätte zu gern gesehen, was aus ihm geworden wäre. Vermutlich ein großer Zauberer. Aber wie ich hörte, lief er daraufhin von zu Hause weg und wurde seitdem nie wieder gesehen.
Sehen Sie, Dumbledore – die größten Talente brauchen keine Bühne, sie bauen sich selbst eine. Amber Crombie, Simone Bucket, Ricksby Moore. Erinnern Sie sich an diese Schüler? Allesamt Spitzennoten in den UTZ-Prüfungen. Und jeder von ihnen hat sich irgendwie in unserer Erinnerung verewigt als herausragendes Talent. Selbst die Weasley-Zwillinge, ach, ich weiß nicht, wie viele graue Haare ich ihretwegen habe. Doch großartige Zauberer sind auch sie in der Tat, so ungern ich das zugebe.
Wissen Sie, warum ich kein Freund dieser Veranstaltungen bin? Zu viel Brimborium, zu viel Show. Was ist mit dem, was in den Kindern steckt? Sie bauen sich einen Traum von der Welt auf, der sie zu etwas macht, was sie nicht sind, statt das, was sie sind, zu fördern.
Wie ich sehe, hat der Spell Contest doch überaus positive Auswirkungen auf Sie, meine liebe Minerva. Oder wären Sie ohne ihn überhaupt auf die Idee gekommen, den kleinen Benjamin Sinclair für seine Fähigkeiten zu loben? Oder etwa die Weasley-Zwillinge? Nein, wären Sie nicht, sicher nicht. Wettbewerbe und große Shows – das mag alles keine Lösung sein, um an das Ziel seiner Träume zu kommen. Aber die Funken, welche die kleinen und großen Auftritte auf der Bühne auslösen, können in uns allen, Zuschauern wie Teilnehmern, ein Feuer entfachen – ein Feuer, das über den kurzweiligen Wettbewerb hinaus zu brennen vermag.
Sie kennen meine Meinung. Ich kann nur sagen: Sie liegen selbstverständlich richtig damit, dass ein wenig Unterhaltung noch keinem geschadet hat. Doch sehen Sie, Sie haben Ihre Ansichten und ich habe meine. Sie kennen beide. Jeder sollte sich sein eigenes Urteil bilden.