Minerva & Albus' Blog #10 - »Memento Mori«

Minerva & Albus' Blog #10 - »Memento Mori«

09.06.2012 23:37

Was euch in diesem Blog erwartet ist ein Mysterium. Wenn ihr diese Tür durchschreitet, markiert sie lieber, bevor sich die Welt um euch auflöst und ihr gefangen seid in der wunderbaren Geschichte zweier alter Magier, die ihr letztes Mysterium zu finden suchen.


»9. Stock. Mysteriumsabteilung.«
Die Gitter des metallenen Aufzugs glitten zur Seite. Hand in Hand gingen die beiden auf die verschlossene Tür vor ihnen zu. Direkt davor stand eine Hexe mittleren Alters und blickte ihnen entgegen.
Er hob seinen Zauberstab und die Hexe torkelte einige Schritte zur Seite und blieb dann reglos stehen. Auf ihr Gesicht trat ein Ausdruck, der ihn an die Tochter des verrückten Lovegood denken ließ.
»Komm«, flüsterte er und die beiden durchschritten die Tür. Sie fanden sich in einem kreisrunden Raum wieder, dessen Wände nur aus Türen zu bestehen schienen.
»Lass sie lieber auf«, raunte sie, als er die Tür hinter ihnen schließen wollte. »Albus meinte, wir sollten die Türen markieren, bevor wir sie schließen.« Er hob erneut den Zauberstab und zeichnete ein flammendes Kreuz auf die Tür, das ihnen bläulich und eiskalt entgegen leuchtete.
»Wie das Meer«, sagte sie. »Erinnerst du dich?«
»Wie könnte ich das vergessen?« Er sah sie an. Dann ließ er seinen Blick traurig wieder auf die Flammen schweifen. »Nicht wie das Meer. Wie das Ende. Wie Eis.«
Sie antwortete nicht. Stattdessen schloss sie die Tür und der Raum um sie löste sich auf. Sekunden später waren sie wieder von Türen umgeben; auf einer von ihnen prangte das Flammenkreuz. »Und nun?«
Er ging zur nächstbesten Tür und öffnete sie. »Suchen wir ihn.«
Sie durchschritten die Tür. Eine leichte Brise wehte ihnen entgegen, als wären sie wieder im Freien. Der Geruch nach Sand und Salz lag in der Luft. Es herrschte völlige Dunkelheit.
»Lumos«, flüsterten beide wie aus einem Mund. Der Schein ihrer Zauberstäbe fiel auf den sandigen Boden. Einige Meter entfernt brach sich das Licht in den Wellen.
»Sieh mal«, rief sie und schritt zum Ufer. Dort lag eine riesige Auster, deren Panzer im Schein ihres Zauberstabs lila schimmerte. Etwas Lebendiges schien von ihr auszugehen, ein Atmen, ein Pulsieren. Wie in Trance beugte sie sich herunter und streckte vorsichtig die Hand aus. In dem Moment, in dem sie die Auster berührte, sprang eine winzige, dunkle Gestalt daraus hervor und verschwand in den Wellen. »Was war das?«
»Ich weiß es nicht. Aber wir sind hier mit Sicherheit nicht richtig«, erwiderte er und bedeutete ihr, den Raum zu verlassen.
Bevor sie die Tür hinter sich schlossen, markierte sie sie mit einem weiteren flammenden Kreuz. Erneut verschwamm der Raum und tauchte wieder auf. Er stieß die nächste Tür auf. Vorsichtig gingen sie hinein und waren von einem Ticken und einem bläulichen Schimmer umgeben.
„Die Zeit“, flüsterte sie ehrfürchtig. „Meinst du, hier wissen sie noch mehr darüber als wir?«
„Mit Sicherheit. Es gibt Mysterien, deren Tiefen auf ewig unerreicht bleiben.«
Doch auch die Geheimnisse der Zeit waren nicht das, wonach beide suchten. Rasch markierten sie die Tür und betraten den nächsten Raum. Dort drin fanden sie …
… alles, und doch nichts. Die Weite, aber doch keine Ferne. Wünsche und Träume, die aber doch nur wie leere Gedanken dahinglitten. Keiner von beiden konnte in Worte fassen, was sie in diesem Raum vorfanden, denn es gab keine Worte dafür.
»Was - was ist das?«, fragte sie mit ehrfürchtiger Stimme.
Minutenlanges Schweigen folgte, ehe er zu einer Antwort ansetzte. »Diese Dinge … sie entziehen sich dem menschlichen Bewusstsein. In diesem Raum wird über die Grenzen unserer Sinne und unseres Empfindens hinaus geforscht. Wir sehen das Nichts und das Unendliche gleichzeitig und können dennoch nicht erkennen, was hier vor uns liegt. Und wir werden es nie erkennen können. Wir sollten gehen.«
Mit einer plötzlichen ruckartigen Bewegung drehte er sich um ging hinaus. Nach kurzem Zögern folgte sie ihm.
Das gleiche Ritual, der gleiche Zauber, die nächste Tür. Und etwas, mit dem keiner von beiden gerechnet hatte.
Dunkelheit, vollkommene Dunkelheit empfing sie und schloss sie in einen Vorhang aus Stille, als sie eintraten. Sie waren schon früher hier gewesen. Früher. Für andere ein Jahr, für sie eine Ewigkeit. Jeder ihrer Schritte in dem Nebel aus Schwärze, der sie blind werden ließ für alles, was sich nicht fühlen ließ, hallte von den Wänden des runden Raumes ohne Ende wider. Türen mussten in alle Wände eingelassen sein, doch sie waren verschlossen. Nicht einmal die Konturen des steinernen Torbogens in der Mitte der Halle konnten sie ausmachen. Langsam und bedächtig schritten sie die Stufen hinab, bis der kühle Hauch einer leichten Brise wie ein Schleier ihre Gesichter streifte.
»Das soll es also sein, das Ende?«, flüsterte sie mit plötzlicher Furcht in der Stimme. »Nach über sechshundert Jahren werden unsere Leben ausgelöscht wie Spuren im Sand.«
»Das Ende?« Zu ihrem großen Erstaunen gab er ein Glucksen von sich. »Oh nein, das ist nicht das Ende. Für den gut vorbereiteten Geist ist der Tod nur das nächste große Abenteuer.«
Mit diesen Worten reichte er ihr seine Hand und gemeinsam traten sie durch den Schleier aus dieser Welt und hinein in ein Mysterium, das kein Mensch je zu ergründen wagt.


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