Minerva's Blog#2 - »Ausgepottert« - Was wäre, wenn ...?

Minerva's Blog#2 - »Ausgepottert« - Was wäre, wenn ...?

20.06.2012 16:05

Die Frage »Was wäre, wenn ...?« hat sich wohl jeder von uns schon einmal gestellt. Aber was wäre denn tatsächlich, wenn ...? Wenn ein Detail, eine Entscheidung alles verändert hätte?


Endlich die Wahrheit. Auf dem Boden liegend, das Gesicht in den staubigen Teppich des Büros gepresst, in dem er einst geglaubt hatte, jene Geheimnisse zu erfahren, die ihm zum Sieg verhelfen würden, begriff Harry endlich, dass er nicht überleben sollte. Seine Aufgabe war es, ruhig dem Tod entgegenzugehen, der ihn mit ausgebreiteten Armen erwartete. Auf dem Weg dorthin sollte er die Bindungen kappen, die Voldemort noch zum Leben hatte, damit es, wenn er sich Voldemort schließlich vor die Füße warf und seinen Zauberstab nicht hob, um sich zu verteidigen, ein sauberes Ende sein würde, damit das, was in Godric's Hollow hätte getan werden müssen, erledigt wäre: Keiner von beiden würde leben, keiner konnte überleben.
(Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, S. 699, »Wieder der Wald«)


So und nicht anders kennen wir die Geschichte. Aber was ist, wenn eine Entscheidung, die den Unterschied zwischen Leben und Tod bestimmt, die die Toten erwachen lässt und die Lebenden hoffen, wenn diese Entscheidung ein Detail schafft, das alles verändert? Ein Detail, das die Wahrheit zur Lüge werden lässt und die Illusion Wirklichkeit?
Was wäre, wenn Harry weitergegangen wäre?

Er hat Neville damit beauftragt, Nagini zu töten; Ron und Hermine wissen über sein Vermächtnis Bescheid, als Harry in den Wald geht, um den Horkrux in sich selbst zu vernichten. Aufrechten Hauptes kann er nun sterben und mit seinem Tod all jenen das Leben retten, die für ihn kämpfen.



Aber was dann? Dann ist da King's Cross, der Bahnhof, der doch keiner ist, und Dumbledore, der ihn vor die Entscheidung stellt. Was, wenn er nicht zurückkehrt? Was, wenn er weitergeht? Wer wird sich Voldemort endgültig stellen, wenn der wahre Herr des Elderstabs fort ist? Wird er sie alle nacheinander töten?

Es konnte jetzt nur noch Momente dauern, dann würden die Menschen, für die er versucht hatte zu sterben, ihn erblicken, scheinbar tot in Hagrids Armen liegend.
»NEIN!«
Der Schrei war umso schrecklicher, da er nie erwartet oder geahnt hätte, dass Professor McGonagall einen solchen Laut von sich geben könnte. Er hörte eine andere Frau ganz in der Nähe lachen, und er wusste, dass es Bellatrix war, die McGonagalls Verzweiflung genoss. […] Rons, Hermines und Ginnys Stimmen waren schlimmer als die von McGonagall; Harry wollte nichts sehnlicher als zurückrufen, doch er zwang sich, stumm liegen zu bleiben, und ihre Schreie waren der Auslöser dafür, dass die Menge der Überlebenden den Todessern kreischend und brüllend Beleidigungen entgegenschleuderte.
(Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, S. 737 f., »Der Fehler im Plan«)


In diesem Moment ist Harry am Leben. Und doch ist er es nicht. Aber Steven Kloves legt Neville einen Satz in den Mund, der alles sagt, was J. K. Rowling ihre Leser fühlen lässt: »Dass Harry tot ist, ändert nichts.«
Sie werden alle bis zum Ende weiter kämpfen, und Minerva McGonagall, Ron und Ginny Weasley und Hermine Granger werden in der ersten Reihe stehen, bis Voldemort fällt.



Bliebe nur ein kleiner Haken.

Sybill Trelawney sprach einst eine Prophezeiung aus, nach der einer von der Hand des anderen sterben würde. Niemand außer Harry hat die Macht, Voldemort zu töten, mit oder ohne Elderstab. Niemand außer Harry kann die Schlacht beenden, bevor Voldemort jeden, der sich ihm in den Weg stellt, aus dem Weg räumt.
Deshalb, und nur deshalb, und weil Harry nicht Harry wäre, wenn er nicht verstanden hätte, was wäre wenn, weil niemand mehr für ihn sterben wird, bleibt ihm keine Wahl, als die Entscheidung zu treffen, die zwischen Tod und Leben entscheidet, zwischen Schreckensherrschaft und Freiheit. Zwischen Slytherin und Gryffindor. Die Entscheidung, die ihn seit seiner Auswahl durch den Sprechenden Hut bestimmt hat – er kehrt zurück.

Was wäre, wenn Harry weitergegangen wäre? Die Antwort ist ganz einfach. Schluss, Aus, Ende. Kein Harry, kein Sieg, so einfach ist das. Und doch musste er in den Wald gehen, um zu sterben, um zurückkehren zu können. Um sich für sie alle zu opfern, weil er keine Wahl hatte, weil es keinen Weg gab, der daran vorbei führte.
Weil manchmal Dinge in uns sterben müssen, damit wir uns von lästigen Angewohnheiten befreien und loslassen können. Weil jedes Ende in uns einen neuen Anfang bedeutet. Und weil eine Entscheidung, die den Unterschied zwischen Leben und Tod bestimmt, die die Toten erwachen lässt und die Lebenden hoffen, alles verändern kann.

Die Narbe hatte Harry seit neunzehn Jahren nicht geschmerzt. Alles war gut.
(Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, S. 767, »Neunzehn Jahre später«)



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