Es regnet auf die Ruinen des Zauberschlosses Hogwarts. Neben mir, in einem schwarzen Sack, liegt die Leiche von Harry Potter (aus Silikon). Plötzlich steht der echte Harry Potter neben mir, blutverschmiert, aber grinsend.
BERICHT VOM FILM-SET: HARRY POTTER SAGT GOOD BYE!
Daniel Radcliffe (20) nuckelt am „Evian“-Wasser. Ich kenne ihn seit 10 Jahren. Er war Kind, Frechdachs, Teenager, Musik-Freak, Playboy und jetzt ist er ein Mann. Er ist quirlig, nervös, melancholisch, auch traurig.
BILD: Was geht in Ihrem Kopf vor?
Dan schüttelt sich in seinem braunen Regenmantel (Barbour): „Ich weiß es nicht, ehrlich. Alle Gedanken mischen sich. Ich bin aufgeregt, aber auch ängstlich. Ich kann es noch nicht glauben, dass bald alles aus sein soll.“ Er spricht extremes Kaugummi-Englisch – wie Sprudel-Wasser.
BILD-Besuch in der Traumfabrik „Leavesden“ bei London (Ex-Rolls-Royce-Flugmotoren-Fabrik).
In den letzten 16 Monaten wurde hier das 7. und letzte Harry Potter-Buch „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ verfilmt – in 2 Teilen, für 3D.
Ich schlendere durch die Traum-Kulissen, die Milliarden Kinder verzauberten: Dumbledores Turm-Bibliothek – ausgebrannt, Hogwarts Zauberhalle zerstört. In einer Ecke verstaubt der Hogwarts-Express. Nur das Zauber-Ministerium blitzt und glänzt – und was ist das für eine Schatzkammer? Geheim!
Story von Film Nr. 7? Ein Road-Movie. Harry, Ron, Hermine sind auf der Flucht – und auf der Such nach den Horkruxen (Premiere 17. November).
Story von Film Nr. 8? Der Kampf um Hogwarts und die große finale Schlacht mit Voldemort – und Harry rettet die Welt (Juli 2011).
Harry zu BILD: „Es wird eine epische, finale, dunkle Schlacht – 20 Minuten lang. Wir filmen dieses Finale schon seit 8 Monaten – in verschiedenen Phasen. Echt aufregend!“
Er wirkt quecksilbrig, aber gleichzeitig ein bisschen verloren. 2000 Leute arbeiten an dem Milliarden-Finale. Und er steht allein mit einem weißen Schirm mitten in dieser schaurig-schönen Welt – wie ein kleiner Prinz, der nach 10 Jahren sein Spielzeug zurück geben muss. Er ist reich (ca. 50 Mio.) – und gleichzeitig traurig.
Ich sitze in einem Harry-Potter-Museums-Zelt, als Hermine sich neben mich setzt (auch mit „Evian“-Plastikflasche). Emma Watson war 9 als sie entdeckt wurde.
BILD: In 2 Wochen ist alles aus. Wie geht's?
Sie ist schmal, zierlich, aber voller Energie und Sehnsucht: „Game over. Ich bin nervös, traurig und glücklich. Was für ein Ende und was für ein Anfang für ein neues Leben. Ich bin 20 – alles liegt noch vor mir. Ich habe einen Hunger nach Bildung. Studiere ja in Amerika!“
BILD: Welche Träume sind noch übrig (sie ist vermutlich die höchst bezahlteste Schauspielerin der Welt)?
Sie guckt mich wie ein freches Kind an: „Träume habe ich viele. Sie fliegen alle durch meinen Kopf, aber ich hab kein festes Ziel. Ich fange doch erst an richtig zu leben!“
BILD: Hochzeit? Kinder?
Sie lacht wie ein Teenager in der Disco: „Ja, klar, aber das ist ganz ganz weit weg. Das schwebt irgendwo am Horizont!“
BILD: Gibt's eine Abschieds-Party?
„Gab's gestern. Ich habe bei mir zu Hause gekocht: Brathühnchen, Kartoffeln, grüne Bohnen und Pudding.“
Harry steht immer noch im Niesel-Regeln zwischen den Styropor-Ruinen seines zerstörten Zauberschlosses.
BILD: Wie geht es weiter?
„Ich weiß nicht, ob ich feiern kann. Eigentlich müsste man trauern. Es ist komisch, aber auch sehr hart. Ich muss jetzt wohl was ganz Anderes machen. Ich fokussiere mich auf nächstes Jahr – auf ein Musical in New York!“
Der Regen lässt nach, ein Megafon brüllt: „Action“! Daniel Radcliffe lächelt und sagt: „Cheers! Thank you! Good bye! It was good!“
Der berühmteste Junge der Welt verschwindet in seiner Traumwelt. Er lächelt in sich hinein, aber er dreht sich nicht um.